Oke Boysen – Frühaufsteher
und insulare Institution
Wenn am Abend Stative aufgebaut werden, Badegäste und Insulaner ihre Smartphones zücken und gen Westen der große rote Ball im Meer versinkt, ist einer nicht da: Oke Boysen. „Abends kann ja jeder“. Nein, Oke, kann besser morgens – denn Oke ist ein Early Bird.
Der Vater „Urfriese“, die Mutter „Hallore“, aufgewachsen in den Archsumer Wiesen, zur Schule gegangen in Westerland. „Durch die Gegend geeiert und Moped gefahren.“ Als gelernter Autoschlosser mit dem Einverständnis der Eltern und 19 zur See – weil er „etwas von der Welt sehen“ wollte. Nach zwei Jahren Japan, Amerika und Thailand kehrt zurückgekehrt und vom „Bund“ nach Goslar geschickt. Dort verpflichtet er sich vier Jahre und arbeitet anschließend weitere zwei in einer Aral Tankstelle. Es folgen erneut zwei Jahre auf See, zwei weitere als Fernfahrer, bis Oke dann – endlich – mit 31 seinen Weg zurück nach Sylt findet. 19 Jahre über arbeitet er hier in der Tankstelle an der Keitumer Landstraße und wird dadurch gewissermaßen zu einer Art „insularen Institution“.
Und heute? „Nur noch Fotos und dumme Sprüche“, behauptet er. Meinen tut er damit sein Hobby. Denn neben dem Zustellen von Medikamenten für eine Sylter Apotheke fotografiert Oke und postet seine Werke auf Facebook. Tja, aber nicht so wie das jeder tut. Und schon gar nicht mit der neuesten „High-End-Spiegelreflex“ – sondern mit seinem etwas in die Jahre gekommenen iPhone. Weder ist es das, noch sind es die Motive, die ihn als Fotograf mit Kollegen vergleichbar machen: zwar belichtet sein Fokus die selbe Protagonistin, wie die der Badegäste und Insulaner am abendlichen Brandenburger Strand – dennoch ist sein Motiv etwas anderes …
„Lieber Oke, darf ich bei dir bleiben?“ stand auf einem Zettel, der um das Halsband eines kleinen Hundes gebunden war, der mit 9 Wochen auf einmal, und von einer Freundin als Überraschung getarnt, vor dem frisch geduschten Tinnumer in seiner Wohnung stand. Natürlich durfte er – wie konnte er da widerstehen? „Die ganz große Liebe meines Lebens“ … die Fotografie ist gewissermaßen ein Rudiment der fast 14-jährigen Beziehung mit seinem Hund „Puma“, die Anfang März 2013 endete … aber eigentlich bis heute noch überdauert. „So wie ich manchmal nach einer Fahrt noch um’s Auto gehe, um den Hund herauszulassen, sind es die morgendlichen Spaziergänge an der Ostseite der Insel, die einfach drinbleiben.“ Und genau diese bieten die perfekte Kulisse für außergewöhnliche Sylt-Fotos: „Clärchen“ – wie Oke die morgendliche Sonne nennt – ist nie so schön wie dann. „Außerdem trifft man um diese Uhrzeit noch nette Joggerinnen“.
… abends kann ja jeder.
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